Bökelberg

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Samstag, 4. Oktober 2014

Nachtzug, Schifffahrt, Anker-Pils - Reisebericht Zürich


Da mit fortschreitendem Alter möglichst angenehme Anreisen zu Spielen von mittlerer bis großer Entfernung bei unserer Reisegruppe erwünscht sind, bot der Nachtzug ab Düsseldorf um 23.13 Uhr am Mittwoch Abend eine gute Alternative zu den beiden Entlastungszügen, welche sich Donnerstag früh auf den Weg Richtung Schweiz machten. Und zu meiner Überraschung gibt es bei der (deutschen) Bahn sogar noch Zugbegleiter, die Fußballfans nicht von vornherein wie den letzten Abschaum behandeln. Denn die Zugbegleiterin präsentiert sich uns freundlich, zuvorkommend und witzig! Und das beste daran: sie bietet uns ein kostenloses "Upgrade" an. Wir durften von unseren reservierten Schlafkomfortsitzen umziehen in ein eigenes Schlafabteil. So ein Angebot lehnt man natürlich nicht ab. So teilt sich nach ein paar Absacker-Bierchen die Gruppe zunächst auf in die schlafsuchende und in die weitertrinkende Sektion. Letztere gönnt sich bei einem einstündigen Aufenthalt um 3 Uhr morgens in Mannheim noch einen kapitalen 1 kg- Döner als Betthupferl. Was für den Moment nach einer Spitzenidee klingt, selbiger jedoch nach einem späteren wie soll ich sagen "Wiedereintritt in die Erdatmosphäre" verlangt, wurde vielleicht nicht ausreichend im Voraus bedacht.
Denn hier kommt das Hotel ins Spiel. Ankunft in Zürich um 8.45 Uhr, Check-In im "EasyHotel" erst um 15 Uhr möglich. Der Versuch zumindest ein Zimmer früher zu beziehen (was pro Zimmer 20 Franken extra kostet) scheitert kläglich daran, das der "Early-Check-In" frühestens um 13 Uhr vollzogen werden kann. Frage an der Rezeption: "Habt ihr in der Lobby eine Toilette?"
Antwort:"Nein!" Frage an einige Mitstreiter an sich selbst: "War das nächtliche Mannheim-Deluxe-Menu immer noch eine gute Idee?" Antwort (etwas gequält): "Geht so!"
Immerhin gibt es ein Schließfach im Hotel für 5 Franken wo das Gepäck verstaut wird und man seinen Weg zumindest vom äußeren Ballast befreit fortsetzen kann. Auf dem Weg zurück zum Bahnhof dann die Erlösung. In einer Shopping-Mall gibt es (kostenlose) Toiletten und die angeregte Darmflora kann sich wieder entspannen! Und der Supermarkt ein paar Meter weiter lädt ein zum Nachtanken der Biervorräte und das sogar für relativ angenehme 10 Franken für das (eisgekühlte) Six-Pack.



Auch das Tagesticket für die öffentlichen Verkehrsmittel weiß mit 8,40 CHF für 24 Stunden zu überzeugen und wir machen uns auf den Weg zum Zürichsee. Eigentlich nur um dort etwas zu verweilen und bei schönem Panorama ein paar Kaltgetränke am Ufer zu verzehren. Beim Anblick der Schiffe die ständig an- und ablegen keimt der Wunsch auf, vielleicht eine kleine Rundfahrt auf dem See in betracht zu ziehen. Während einer sich nach dem Preis erkundigt und alle anderen schon damit rechnen das es wahrscheinlich um die 20 CHF kosten wird, die nächste Überraschung. 1 1/2 Stunden auf dem See für schlappe 8,20 CHF. Einstimmiger Beschluss: Machen wir! Und die nächste Überraschung sofort hinterher. Bei Besitz eines Tagestickets für die öffentlichen Verkehrsmittel halbiert sich der Preis nochmals. Ein Traum! Alle Mann an Bord. Und selbst an Bord noch ein kleines Wunder: wir dürfen unsere mitgebrachten Getränke problemlos verzehren! Was will man mehr?




Nach dieser kleinen Rundfahrt stand auch schon der nächste Programmpunkt auf dem Plan. Um 14 Uhr sollte eine kleine Führung durch das neu eröffnete Vereinsmuseum des FC Zürich stattfinden mit anschließendem Spaziergang zu einigen historischen Orten der Clubgeschichte. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an den Initiator jener kleinen Zeitreise. Saro Pepe, seines Zeichens Leiter des Vereinsmuseums und Archivar des FCZ merkt man in jedem Moment an, das er seinen Club tief im Herzen trägt. Er erzählt mit totaler Leidenschaft und viel Herzblut einiges über die Geschichte des FCZ, kleine kurzweilige Anekdoten und macht diese Führung wirklich zu einem unvergesslichen Erlebnis. Es geht um Pokale, Trikots, Spieler, Trainer und legendäre Spiele. Beim anschließenden kleinen Rundgang durch die Stadt sind historische Orte wie der Tabakladen des ehemaligen langjährigen Präsidenten Naegeli, der Helvetia-Platz wo die Titelfeiern stattfinden und das allererste Stadion des FCZ (der Utogrund) im Fokus. Da der Utogrund (Luftlinie übrigens ca 400 m vom Letzigrund entfernt) keine Umkleidekabinen besaß in früheren Zeiten, musste sich die Mannschaft im 50 m neben dem Stadion gelegenen Café Hubertus umziehen, Dort sollte die kleine Gruppe von Interessierten auch im Anschluss einkehren um Bier (0,5 Liter Anker-Pils für wirklich faire 6 CHF) und Wurstplatten mit Brot (aufs Haus) zu genießen!








Nach diesem erhellenden Nachmittag sitzt man gesellig zusammen im Biergarten des Hubertus und tauscht sich aus. Einige entscheiden sich dazu, sich zum Marsch zu begeben, die anderen bleiben im Schatten des Letzigrund-Stadions zur weiteren Einnahme von kühlen Getränken. Das der Marsch sicherlich beeindruckend war möchte ich nicht abstreiten, aber einmal in unmittelbarer Nähe des Stadions verspüren einige doch eher wenig Lust quer durch die Stadt zu fahren um dann 4 km wieder zurück zu laufen.

Über das Spiel selber braucht man glaube ich keine großen Worte zu verlieren. Das wurde an anderer Stelle bereits zu Genüge getan. Nur soviel: 2 Punkte wurden liegen gelassen bei der Vielzahl an Chancen. Immerhin blieb man weiterhin ungeschlagen. Die Stimmung war soweit ok. Das bei ca 8000 mitgereisten Borussen nicht jeder so mitmacht, wie er könnte ist bei solch einer Masse nicht verwunderlich. Im großen und ganzen war es trotzdem ein stimmungsvoller Abend im Letzigrund vor 18.400 Zuschauern. Was aber auch daran lag, das die Heimkurve im Gegensatz zum Ligabetrieb die Möglichkeit hatte, auch mal gegen Gästefans anzusingen. Über die Pyroshow von beiden Seiten möchte ich eigentlich keine Diskussion lostreten. Ich persönlich finde es nach wie vor sehenswert auch wenn es viele gibt, die hier eine andere Meinung vertreten. Nichts desto trotz ist es nun mal ein Bild der Kurve gewesen am Donnerstag Abend und wird demnach auch ordnungsgemäß hier dokumentiert.





Auch die anschließende obligatorische Blocksperre war mit 30 Minuten angenehm kurz gehalten und die durchweg entspannt agierenden Ordner und Polizisten sorgten für einen problemlosen Abmarsch vom Stadion. Im allgemeinen wurde einem in der Schweiz von allen Seiten sehr herzlich gegenüber getreten und auch das machte den Aufenthalt bei den Eidgenossen zu einem durchweg tollen Erlebnis. Eine Wiederholung vielleicht mal gegen einen anderen Schweizer Club ist also durchaus erwünscht. Nach dem Kür in der Europa-League folgt am Sonntag aber wieder der "Business as Usual". Bundesliga gegen Mainz 05 bevor es danach mal wieder in eine der (für mich überflüssigen) Länderspielpausen geht. Grüezi!